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Zur Kirchengeschichte
Mit dem Bau des Limes errichteten die römischen Soldaten etwa um 150 n. Chr. östlich von Murrhardt am Riesberg ein Kastell. Diese Soldaten hatten nachweislich auch in Murrhardt einen Mitrastempel zu Ehren des Sonnengottes errichtet. Reste dieses Tempels hat man bei Ausgrabungen im Bereich der heutigen Walterichskirche gefunden. Der Name Murrhardt oder «Murrahardt» bedeutete seinerzeit «das Weidewaldgebiet an der Murr».
Als um 260 n. Chr. das Kastell aufgelassen wurde und die Römer sich zurückzogen, blieb nur die Bevölkerung, die sich in der Nähe des Kastells niedergelassen hatte. Erst als 500 n. Chr. die Franken das Land besiedelten, entwickelte sich der Flecken «Murrahardt» neu.
Um 730 gründete der Missionar Pirmin die erste Kirche in Murrhardt auf dem Friedhofshügel, die er der Hl. Maria weihte. Es handelte sich um eine einfache merowingische Holzkirche.
816/17 stiftete Kaiser Ludwig in Murrhardt ein Benediktinerkloster und ernannte Walterich zum ersten Abt. Walterich hatte vermutlich 12 Brüder um sich geschart, die von dem Benediktinerkloster auf der Insel Reichenau kamen. Die um 820 fertiggestellte Klosterkirche wurde St. Trinitatis, St. Maria, St. Johannes, aber auch St. Salvator geweiht.
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Abt Walterich ließ um 830 eine größere, steinerne Pfarrkirche im karolingischen Stil bauen, in ihrer Mitte seine künftige Grabstätte. Walterich starb an einem 29. November zwischen den Jahren 840 bis 845.
Zu Beginn des 10. Jahrhunderts wurde das noch vorhandene karolingische Kloster abgebrochen und die Würzburger Bischöfe bauten eine neue, erweiterte Klosteranlage mit einer frühromanischen, dreischiffigen, doppelchorigen Klosterkirche.
Um 1150 wurde die kleine Marienkirche auf dem Hügel durch einen größeren, romanischen Steinbau mit Ostapsis ersetzt.
König Philipp und Königin Irene-Maria ließen um 1200 - 1205 diese Kirche zur speziellen Wallfahrtskirche mit neuem Portal und Pilgertreppe («Heilige Stiege») umbauen.
1489 entstand auf dem Friedhofshügel eine neue, größere Pfarrkirche in gotischem Stil. Um 1520 wurde dort der Ölbergschrein als Außenaltar geschaffen.
1534 reformierte Herzog Ulrich sein Land. Unter Herzog Christoph und den reformierten Äbten blieb das Kloster bis 1556 erhalten.
Bis 1634 existierte ein evangelisches Klosteramt, die evangelischen Äbte führten den Titel Prälat und waren Beamte des Herzogs.
Von 1634 - 1648 war das Kloster wieder unter benediktinischer Führung. Der Prior Adam Adami war Unterhändler beim Westfälischen Friedensschluss in Münster.
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Die Marienkirche auf dem Hügel wurde Friedhofskirche, für die sich ab 1534 der Name St. Walterichskirche einbürgerte.
1867, nachdem das Klosteramt längst aufgelöst war, ging die Klosterkirche in den Besitz der evangelischen Kirchengemeinde über und wird seitdem Stadtkirche genannt.
Murrhardt war von 1648 - 1800 rein evangelisch. Um 1870 gab es etwa 20 Katholiken. Die beginnende Industrialisierung bewirkte einen verstärkten Zuzug neuer Bürger, meist katholischen Glaubens. 1905 lebten in Murrhardt 43, 1936 rund 100 Katholiken.
Die Murrhardter Katholiken wurden seelsorgerisch vom Pfarrer der Kirchengemeinde Oppenweiler betreut. Am 27. März 1921 feierte der Pfarrer von Oppenweiler die erste Hl. Messe in Murrhardt seit dem 17. Jahrhundert.
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Vom Betsaal zur Kirche
Nach dem 2. Weltkrieg veränderte sich die konfessionelle Struktur in Murrhardt, wie auch in anderen Orten. Mit dem Zuzug der Heimatvertriebenen wuchs die katholische Kirchengemeinde besonders stark. Sie setzte sich zum größten Teil aus Schlesiern und Sudetendeutschen zusammen und begann sich dadurch neu zu formen. Eine eigene Tradition konnte erst langsam wachsen aus den Gewohnheiten, die die verschiedenen Bevölkerungsstrukturen mitgebracht hatten.
1946 zählte man etwa 1.100 Katholiken. Pfarrer Dressler, ebenfalls ein Heimatvertriebener, wurde ständiger Pfarrer in Murrhardt. Die Gemeinde gehörte jedoch weiterhin zur Pfarrei Oppenweiler. Die evangelische Kirchengemeinde stellte den Katholiken die Walterichskirche für ihre sonntäglichen Gottesdienste zur Verfügung, ein Zeichen gelebter Ökumene.
Pfarrer Dressler gründete 1946 den Kirchenchor, der zwar vornehmlich die Mitgestaltung der Gottesdienste übernahm; er wurde aber auch gleichzeitig eine Kernzelle in der Gemeinde, die auch heute noch Impulse und Aktivitäten in die Gemeinde hineinträgt.
Der Bau einer eigenen Kirche wurde immer dringlicher. Unter der Regie von Pfarrer Dressler begann die Gemeinde, die Kirche selbst zu bauen. 1951 konnte sie von Bischof Carl Josef Leiprecht eingeweiht werden. Das Titularfest ist Maria Himmelfahrt am 15. August. Der Bischof erhob Murrhardt zur selbständigen Pfarrei und ernannte 1957 Pfarrer Ryschawy zum Stadtpfarrer.
Pfarrer Ryschawy sah seine Aufgabe vornehmlich darin, das geistig-religiöse Gut weiter auszubauen und zu vertiefen. Pflege der Liturgie und eine überzeugende Seelsorge waren Ziel seiner selbstlosen Arbeit.
Er schaffte u.a. die ersten Krippenfiguren von Prof. Kuolt an, die er zum größten Teil mit dem Erlös aus dem Verkauf seiner Münzsammlung bezahlte.
Für den regelmäßig stattfindenden Gottesdienst stand nur ein älteres Harmonium zur Verfügung. Daher begann 1957 die Planung für eine Orgel, die dann im Dezember 1958 bei der Firma Walcker bestellt und am 3. Adventssonntag 1959 eingeweiht wurde. Diese Orgel hat 15 Register, Pedal und zwei Manuale.
Die Gemeinde entfaltete sich stetig weiter, und man mußte sich nun mit dem Gedanken vertraut machen, eine größere Kirche zu bauen. So gründete man 1959 einen Kirchenbauverein.
Die Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils brachten auch eine Umstrukturierung der Gemeindeordnung mit sich. Die bisherigen Gremien, Ortskirchensteuervertretung und Kirchenstiftungsrat, wurden zum Pfarrgemeinderat zusammengefasst.
1963/1964 begann die Bauplanung mit dem Architekten Hans Werner Merkle. Sie wurde in fruchtbarer Zusammenarbeit mit dem Architekten, dem Pfarrgemeinderat und von Pfarrer Karl Müller vorangetrieben.
Zu dieser Zeit wurde in der Wiesenstraße nach den Plänen von Architekt Merkle ein neuer Kindergarten, St. Raphael, gebaut. Er bietet Platz für zwei Gruppen.
Mit dem Kirchenbau begann man 1967. Bei den Bodenuntersuchungen zeigte sich, dass der Boden im ehemaligen Sumpfgebiet für die Fundamente nicht fest genug war. Deshalb mussten für die Fundamente der Kirche 52 Bohrpfähle bis zu einer Tiefe von 12 m eingelassen werden, auf die dann eine Betonplatte eingegossen wurde.
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Die neue Kirche St. Maria
Am 15. September 1968 erfolgte die feierliche Grundsteinlegung mit Abt Laurentius vom Benediktinerkloster Bad Wimpfen-Grüssau.
Während der Bauzeit an der neuen Kirche wurde bereits begonnen, Wohngebäude und alte Kirche in der Blumstraße zu einem Gemeindezentrum mit Saal, Jugendräumen, Kindergarten und Spielplatz umzubauen.
Am 27. April 1969 fand dann die Einweihung der neuen Kirche St. Maria durch Weihbischof Wilhelm Sedlmeier aus Rottenburg statt.
Das Titularfest der neuen Marienkirche ist Mariä Verkündigung am 25. März.
Die liturgischen Erneuerungen nach dem 2. Vatikanischen Konzil wurden in Planung und Gestaltung der neuen Kirche verwirklicht. Die Zuordnung der liturgischen Bereiche führte zur äußeren Gestalt der Kirche.
Die Kirche wird zum Gemeinschaftsraum, in dem Priester und Gemeinde um den zentralen Punkt der liturgischen Handlung eingebunden werden. Die Gemeinde umschließt in einem Halbkreis den Altarraum, der Priester gestaltet nun die Eucharistiefeier mit der Gemeinde.
Der Altarraum ist der Mittelpunkt der Kirche und gliedert sich auf in den Bereich des Ambo für die Verkündigung des Wortes, des Altares für die Eucharistiefeier und des Tabernakels für die Anbetung. Der Tabernakel in seiner vielgestaltigen Form erhält eine besondere Wirkung durch das Oberlicht, ein natürliches «ewiges Licht».
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Maria - Patronin unserer Kirche
Die frühbarocke Marienstatue links im Altarraum stammt aus Frankreich, und dürfte etwa um 1650 entstanden sein. Die Madonna mit der einen Hand hatte wohl ein wechselhaftes Schicksal hinter sich, bevor sie über die Schweiz durch Vermittlung von Pfarrer Müller zu uns kam. Ob die Statue ihre Hand in den Wirren des dreißigjährigen Krieges oder während der französischen Revolution verloren hat, und woher die Brandmale kommen, weiß man nicht.
Die Madonna mit dem Kind strahlt Güte und Demut aus. In der einen Hand hält das Kind eine Kugel, mit der anderen Hand umschlingt es den Hals der Mutter. Die Darstellung ist für den Betrachter beeindruckend, die Statue ist ein zugleich religiös und künstlerisch wertvolles Werk, von Kunsthistorikern anerkannt.
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Antonius-Statue
Der Kirchengemeinderat von St. Maria hat das Anliegen einiger Gemeindemitglieder nach einer Antonius-Andachts-Ecke positiv aufgenommen und dafür eine Antonius-Figur schnitzen lassen. Diese Figur fand ihren endgültigen Platz in einer "Antonius-Nische", direkt neben dem Aufgang zur Empore. Die feierliche Einweihung dieses Ortes und das erste Entzünden von Kerzen vor der Figur des heiligen Antonius von Padua war innerhalb des Fronleichnam-Gottesdienstes am Sonntag, 14. Juni 2009. Die ersten Kerzen wurden entzündet von allen Gläubigen, deren Namenspatron der heilige Antonius von Padua ist (sein Gedenktag ist am Samstag, 13. Juni). Der heilige Antonius von Padua wird in der katholischen Kirche hoch verehrt und fehlt (eigentlich) in keiner katholischen Kirche; die Kirchengemeinde St. Maria hat hier also etwas nach nachgeholt. Antonius von Padua wurde 1195 in Lissabon geboren. Mit 25 Jahren schloss er sich der Armutsbewegung der Franziskaner an, weil er hier die Nachfolge Christi am authentischsten erlebte und trat ihrem Orden bei. Nach einem kurzen Marokko-Aufenthalt kam er nach Oberitalien, wo er als Wanderprediger das Evangelium verkündete, später nach Südfrankreich. 1227 kehrte er wieder nach Oberitalien zurück. Vor allem seine Fastenpredigten, die er 1231 in Padua hielt, wurden zu einem einzigartigen Erfolg; das Verhalten der Menschen von Padua änderte sich dramatisch. So wurde etwa das Schuldengesetz erlassen, nach dem ein Schuldner künftig nur noch mit seinem Besitz, nicht aber mit seiner Person und Freiheit haften sollte. Er starb im gleichen Jahr im Alter von 36 Jahren. Zehn Monate nach seinem Tod wurde er heilig gesprochen, 1946 zum Kirchenlehrer. Er ist der Patron der Armen und Notleidenden (Antonius-Opfer) und der Suchenden (zuerst derer, die den rechten Lebensweg suchen, später dann derer, die einen verlorenen Gegenstand suchen). In der Antonius-Kirche in Padua bitten aber auch viele frisch Vermählte um eine glückende Partnerschaft.
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Ort der Ruhe und Besinnung
Die Kapelle hat intimen Charakter und dient mit der Sichtverbindung zum Tabernakel und Altarraum dem betenden Besucher zur Andacht und Meditation.
Die Fenster in der Kapelle wurden künstlerisch gestaltet von Professor Hans Schreiner, Stuttgart. Sechs kleine, quadratische Fenster, zu zwei Gruppen zusammengefasst, sind in die Wand eingelassen. Das Thema der Gestaltung soll der Dialog zwischen dem göttlichen und menschlichen Bereich sein
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Die eine Gruppe versucht eine Interpretation des göttlichen Bereiches zu geben: Die Horizontalbewegung aller drei Fenster wird durch die vertikale Betonung des mittleren Fensters durchbrochen und weist auf die Erlösung am Kreuz hin.
Die andere Gruppe umfasst den menschlichen Bereich: Das linke Fenster versinnbildlicht den Menschen mit seinen irdischen Sorgen, das mittlere Fenster zeigt in menschlicher Liebe, Leidenschaft und Schuld die Verbundenheit zum Göttlichen. Das dritte Fenster umfasst mit seiner farblichen Gestaltung die Bereiche des Glaubens.
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Zeichen des Glaubens
Die unter der Orgelempore integrierte Taufkapelle gibt Raum für familiäre Tauffeiern, lässt aber auch die Gemeinde daran teilhaben.
Die Skulptur in der Taufkapelle stellt die Schmerzensmutter Maria dar, sie wurde 1979 von dem Künstler Raoul Ratnowsky aus Basel geschaffen. Gestiftet hat sie die Familie Nägele.
Maria umhüllt ihren toten Sohn wie mit einem großen Mantel. Sie verbirgt ihn nicht, es scheint, als ob sie durch ihre umhüllende Gestalt einen Raum schaffen wollte, um noch viel mehr Leid und Schmerz von uns allen aufzufangen und bei ihrem Sohn zu «bergen». Dieser vermag das Leid zu verwandeln. Mitten in die waagerecht liegende Gestalt des Herrn sind senkrechte Linien gestellt: Aufrichtung, Überwindung von Leid und Tod, Auferstehung.
Die Empore bietet Platz für Chor, Schola und Orgel. Sie wurde so konzipiert, dass der Organist vom Spieltisch aus gleichzeitig auch den Chor dirigieren kann.
Die Orgel wurde 1970 von der Firma Paul Köberle in Abschnitten erbaut. Sie hat 26 klingende Register, verteilt auf 2 Manualen und Pedal. Das Hauptmanual ist unterteilt in Prinzipalchor und Flötenchor. Zusammen mit der Trompete 8' steht der Flötenchor in einem Schwellwerk. In den Jahren um 2000 wurde die Orgel vom Orgelbaumeister Reinhart Tzschöckel neu intoniert, um den Gesamtklang zu verbessern und die Mixtur zu entschärfen. Im Pedal wurde die Oboe 4' durch einen Trompetenbass 8' und die Waldflöte 4' durch einen Choralbass 4' ersetzt. Die Orgel aus der alten Kirche wurde an die katholische Kirchengemeinde Uhingen-Albershausen verkauft.
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Das Fenster in der Taufkapelle
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1993 wurden die ursprünglichen Fenster durch neue Kirchenfenster ersetzt, künstlerisch gestaltet von Professor Hans Schreiner. Die Strukturierung der Fensterflächen bringt Bewegung in die bisher neutralen Lichtquellen. Form- und Strahlenbündel in vertikaler, horizontaler und diagonaler Anordnung dürfen als symbolische Gestaltung angesehen werden. Die farbigen Fenster im Taufbereich symbolisieren verschiedene Sakralbereiche; das Blau für das Wasser deutet auf die Taufe hin, die roten Elemente beziehen sich auf das Leiden Christi und die Buße, während die gelben Strahlen auf das Göttliche hinweisen.
Was eigentlich zu jeder Kirche gehört, fehlt an unserer Kirche: Der Kirchturm. In der Planungsphase war ein Kirchturm vorgesehen, eine lange, spitze Pyramide. Die damaligen Kosten für den Kirchturm hätten bei etwa 200.000 € gelegen. Die Bauverwaltung der Diözese Rottenburg hatte dann den Bau des Kirchturmes nicht gestattet und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Nach heutigen Verhältnissen würde der Kirchturm etwa 500.000 € kosten, ein Volumen, das die Gemeinde nicht aufbringen kann und vielleicht auch nicht möchte. Aus diesem Grund hat man sich 1993 entschlossen, an der höchsten Stelle der Kirche ein Kreuz anzubringen; die Kosten hierfür wurden mit einer Spende von Familie Dr. Folkart Schweizer gedeckt.
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Quellen: Dr. Gerhard Fritz Dr. Rolf Schweizer
Text: Rudolf Marx
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